Lebenslauf unsrer seligen verw. Schwester Susanna
Nixdorfin, geb. Korn, welche d. 28tn Nov. 1800 allhier in Bethm.
selig verschieden.
Sie war geboren d. 22tn Febr. 1708 in dem
Dorfe Stolz bey Frankenstein in Schlesien,
wo ihr Vater Müller u. Becker war, wel-
chen sie frühzeitig verlor. Meiner l. Mutter,
schreibt sie selber, lag meine Erziehung besonders
an: ich mußte aber schon in meinem 8tn Jahre
in Dienste gehen; u. kam zu meiner Freundschaft
bis ich 12 Jahre alt war. Da nahm mich
meine Herrschaft in Dienste, bey welcher
ich 8 Jahre verblieb. A. 1728. d. 28tn Nov.
heyrathete ich meinen seligen Mann; u.
zog a. 1730 mit ihm nach Breslau.
Wir waren beyde des Sinnes, ein frommes
und gottseliges Leben zu führen, und kamen
bald in Bekanntschaft mit den Erweckten
in Breslau. Nachdem wir uns viele Jahre
mit Ringen und Kämpfen gegen die Sünde
vergeblich geplagt hatten, gefiel es dem
treuen Heiland nach Seiner großen Barmher-
zigkeit, uns aus diesem Elend zu helfen.
Er sendete uns 2 Brüder von Herrnhuth,
Lawatsch u. Senr. Nitschman, welche wir
mit vieler Freude aufnahmen. Sie wiesen
uns auf das vollgültige Verdienst des Hlds
u. auf die freye Gnade in Seinem Blute.
Es wurde uns durch den heil. Geist in unsern
Herzen klar gemacht, daß wir es einfältig
glauben konten. O wie froh und dankbar
waren wir für diese Gnade. /// Auf erhaltene Erlaubniß zogen wir a. 1742
nebst meiner l. Mutter u. unsern 2 Kindern
nach Herrnhuth, wo wir d. 4tn Jun. ankamen;
am 8tn Jul. darauf in die Gemeine aufgenommen
u. am folgenden 9 tn. August des heil. AMls
mit der Gemeine zum erstenmal theilhaftig wurden.
1743 erhielten wir einen Ruf nach Amerika
zu reisen, u. langten am 8tn Dec. deßelben
Jahres glücklich in Bethlehem an.
Wir wurden an verschiedenen Orten im Dienst
des Hlds angestellt, sonderlich zu zwey ver-
schiedenen malen bey der lieben Gemeine in
Lancaster, wo wir in allen 22 Jahre gewesen.[1]
Ao. 1778 feyerten wir hier in Bethlehem unser Ehe Jubilaeum
mit dankbarem und beschämtem Herzen,
für alle Gnade und Treue des l. Heilandes
welche wir von Ihm erfahren u. genoßen
haben.
So weit geht ihre eigene Nachricht.
Ao. 1785 d. 29n. Sept ging ihr seliger Mann
in seinem 81tn Jahre in seine ewige Ruhe ein.
Von 9 Kindern, neml. 5 Söhnen u. 4 Töchtern
sind, soviel uns bewuß bekannt, noch 3
am Leben, neml. 2 Söhne hier im Lande, u.
1 Tochter, die verw. Schw. Lauterbach in
einer Gemeine in Deutschland.
Als Witwe ging sie einen stillen u. seligen
Gang; u. war im Umgang friedsam, liebreich,
und herzlich. Nachdem sie nicht mehr im
Stande war zu arbeiten, verbrachte sie ihre
meiste Zeit mit Lesen, bis endlich ihr Gesicht
zu schwach wurde.[2] Die allmählige Abnahme /// ihrer Leibes u. Gemüths Kräfte, ohne daß sie über Krankheit
klagte, war sehr deutlich zu mercken.
Doch war sie an ihrem lezten Geburts-
tage noch sehr besonders munter u. vergnügt
mit einer Gesellschaft Schwestern, welche
sie sich zur Feyer deßelben gebeten hatte.
Endlich aber nahm ihre Alters Schwäche
so zu, daß sie endlich gleichsam in einen
Stand des Unbewußtseyns versezt wurde,
u. in aller Absicht wie ein kleines Kind
bedient u. gepflegt werden mußte;
welches mit vieler Treue u. nicht ohne
groste Beschwerde, insonderheit von ihrer
Stuben Schwester u. Krankenwärterin Ros. Müllerin besorgt
wurde: besonders da sie ganz bettlagerig wurde nicht mehr aus dem Bette konnte.
In diesem Zustand war sie ein
mitleidenswürdiges Objekt des Gebets
u. Flehens zum Heiland, daß er sie balde
aus aller Noth erlösen wolle.
Vor ein paar Tagen merkte man eine
Veränderung bey ihr und am 24tn Nov. da es zu Ende heranzunahen schien
wurde ihr der Segen des HErrn u. ihres
Chores ertheilt. D. 28tn Nov. erfolgte
endlich ihr sanftes u. seliges Verscheiden
im 93tn Jahr ihrer Wallfahrt im
Jammerthale hienieden.